“Is this the real life – is it just fantasy?“ Zukunftsbilder-Werkstatt auf der re:publica

2040 ist schon morgen. Die Scientists for Future zeigen: Klimakrise und Artenschwund sind kein Schicksal. Eine bessere Zukunft ist möglich. Mit Design Thinking entwickeln wir ko-kreativ Prototypen, um mit Zukunftsbildern die ganze Gesellschaft zum Handeln zu motivieren – digital wie analog. Denn noch können wir die Zukunft zusammen gestalten.

Das war unser Text, mit dem wir uns für die re:publica beworben hatten. Und es hat geklappt. Am Donnerstag, 9. Juni 2022, haben wir eine offene Werkstatt dort gemacht. Es war ein Kommen und Gehen auf der Re:publica, wir tagten in einem Durchgangsraum. Viele Menschen waren unterwegs, blieben aber für eine Weile bei uns „hängen“. Dadurch haben schätzungsweise 60 Leute die Einführung in das Projekt Zukunftsbilder von Gregor Hagedorn und Friedrich Bohn miterlebt.

Die vollen zwei Stunden haben dann etwas mehr als 30 Leute mitgearbeitet. Claudia Schleicher von den Facilitators for Future hatte dazu superschöne und klare Plakate vorbereitet. Sie erklärte den Ablauf Schritt für Schritt. Auf großen Papierbögen sollten die Gruppen in der ersten Runde konkrete eine „Persona“ entwerfen, eine ausgedachte, aber realistische Person mit vielen Eigenschaften und Angaben zu Alter, Beruf, Wohnort, Hobbies und vielem mehr; in der folgenden Runde, in neuer Zusammensetzung, ging es darum, den Nutzen zu beschreiben, die diese Persona durch die Zukunftsbilder gewinnen könnte – und in der letzten Runde entwickelte die wiederum neu gemischte Gruppe konkrete Ideen für Formate, um diese Persona zu erreichen.

Konzentriertes Arbeiten mit vielen Gesprächen

Die Leute hatten offensichtlich Spaß an den Aufgaben und diskutierten lebhaft über die eben entwickelte Persona, deren Bedürfnisse, Vernetzung und Medienkonsum. Nach dem Workshop haben sich viele in die ausgelegten Listen eingetragen, so dass wir sie im Nachgang anschreiben, weiter informieren und vielleicht zur Mitarbeit gewinnen können.

Die Ergebnisse: Fünf Typen, an die wir denken könnten

Rudi, engagierter Bürgermeister im ländlichen Raum:

Rudi ist 38, er hat eine durchschnittliche Bildung und ist ein engagierter Vater. Die Zukunft seiner Kinder liegt ihm am Herzen. In seiner Freizeit spielt er am Computer oder Smartphone. Er hat die Lokalpolitik für sich entdeckt und sich gerade zum Bürgermeister wählen lassen.

Nutzen: Die Zukunftsbilder zeigen ihm, dass es Handlungsoptionen gibt. Daseinsfürsorge ist das Stichwort. Er will seinen Ort zukunftssicher gestalten. Das bedeutet für ihn auch, erneuerbare Energie auszubauen und die Bauern in die Planungen mit einzubeziehen. Um die Wirtschaft in die richtige Richtung anzukurbeln und damit langfristige Chancen für die Menschen im Ort zu schaffen, sind die Zukunftsbilder sehr hilfreich. Ein weiterer Nutzen: er hofft, durch seine zukunftsorientierte Politik auch wiedergewählt zu werden.

Formate: Rudi braucht kurze, aber gründlich recherchierte Texte, um sprechfähig zu sein. Er ist Multiplikator und auf Volksfesten und Wahlversammlungen präsent. Er würde vielleicht von einem Coaching profitieren. Eine gute visuelle Aufbereitung von Inhalten hilft ihm auch. Idee: Botschaften auf Postkarten visuell kommunizieren. Diese Postkarten können dann in Gaststätten ausliegen.

Annegret, ältere Angestellte bei Deutsche Wohnen:

Annegret ist 56, sie arbeitet in der Verwaltung der Deutsche Wohnen und hat drei erwachsene Kinder und bereits Enkel. Sie ist naturverbunden.

Nutzen: Die Zukunftsbilder zeigen ihr Möglichkeiten auf, optimistischer in die Zukunft zu blicken und selbst Teil einer Veränderung zu werden. Stichwort Selbstwirksamkeit. Sie will eine lebenswerte Zukunft für die Enkel und dafür die Weichen stellen helfen. Außerdem bereitet sie sich mit ihrem wachsenden Engagement für sinnvolle Veränderungen auf die Zeit im Ruhestand vor, wo sie ihre ehrenamtliche Aktivität verstärken möchte (Rentenschockprävention). Die Zukunftsbilder geben ihr eine Perspektive mit Sinn und schöne Kontakte zu Menschen aus verschiedenen Generationen. Zusätzlich fällt ihr neues Wissen auch im Arbeitskontext angenehm auf, ihr Ansehen erhöht sich im Kreis der Kolleg:innen und sie kann durch das Anstoßen einiger Veränderungsprozesse sogar das Image ihres Arbeitgebers steigern.

Formate: Annegret mag Kurse an der Volkshochschule. Sie nutzt Bildungsurlaub, um sich fortzubilden, besucht aber auch Schulungen des Arbeitsgebers. Auf Kiezfesten kann man sie mit Infoständen ansprechen. Sie würde auch an Fahrradtouren mit dem E-Bike durch die Natur teilnehmen.

Melissa, Fleischereifachverkäuferin mit großer Familie:

Melissa ist 46 und hat vier Kinder im Jugendalter. Sie arbeitet an der Fleischtheke im Supermarkt, ist alleinerziehend und Geld ist knapp. Sie fühlt sich oft überlastet von den vielen Anforderungen.

Nutzen: Melissa macht sich Sorgen um die Gesundheit, sie erlebt mit ihren betagten Eltern, dass übermäßiger Fleischkonsum zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann. Die Zukunftsbilder zeigen ihr, dass ein gesundes Leben auch erschwinglich sein kann. Vielleicht findet sie durch die Beschäftigung mit den Zukunftsbildern auch neue berufliche Möglichkeiten. Außerdem wird sie so auf das Thema „Sharing“ aufmerksam: Geräte und Fahrzeuge lassen sich ausleihen, man muss sie nicht mehr selbst anschaffen. Sie erhält auch Anregungen, weniger weg zu werfen und insgesamt weniger Müll zu erzeugen – auch das spart viel Geld. Eine sehr große Motivation für Melissa ist der Wunsch, dass ihre Kinder eine gute Zukunft haben.

Formate: Melissa könnte man über die Kinder erreichen. Die könnten in den Schulen Themen aus den Zukunftsbildern bearbeiten und Anregungen mit nach Hause nehmen. Auch ein Workshop zum Thema Gesunde Ernährung würde Melissa vielleicht interessieren. Dazu Informationen im Radio, Plakate an Bushaltestellen, eine Wanderausstellung mit Plakaten (eventuell sogar auf den Flächen von Lastenrädern) und Infos auf Verpackungen von Lebensmitteln. Auch Feste im Kiez oder in der Gemeinde würde Melissa besuchen. Außerdem Infos in Arztpraxen und eine alternative Plattform für umweltfreundliche, preiswerte Ferienwohnungen.

Monika, radelnde Lehrerin aus Meck-Pomm:

Monika ist 43 und lebt mit Ehefrau und zwei Kindern auf dem Land in Mecklenburg-Vorpommern. Sie unterrichtet Deutsch und Sport, fährt immer mit dem Rad und zieht im Garten eigene Tomaten.

Nutzen: Aus den Zukunftsbildern zieht Monika wertvolles Wissen, das sie als Multiplikatorin weiter vermitteln kann. Sie wird zur Ansprechperson für Themen wie Nachhaltigkeit und bietet Fortbildungen an.

Formate: Monika könnte über die Teachers for Future von den Zukunftsbildern erfahren. Oder im Rahmen von (Lehrer)-Fortbildungen. Sie schaut Dokus im Fernsehen an, aber geht auch ins Theater, in Museen. Eine Netflix-Serie, die ähnlich intelligent gemacht ist wie Black Mirror (nur in grün und optimistisch) könnte sie auch begeistern.

Max, junger Vater aus der Vorstadt:

Max ist 35, er lebt mit seinen zwei Kindern in der Vorstadt, kauft Bio bei Edeka und hat die Hobbies Tauchen und Modelleisenbahn. Seine Familie ist ihm sehr wichtig.

Nutzen: Er spürt eine hohe emotionale Belastung, wenn er an die Zukunft denkt. Die Beschäftigung mit den Zukunftsbildern hilft ihm, diese Last zu mindern, er kann etwas optimistischer in die Zukunft sehen. So gewinnt er dadurch auch an Motivation, selbst etwas zu verändern.

Formate: Über die Kinder erfährt er, was in der Schule Thema ist. Ein Wettbewerb würde ihn motivieren. Angebote im Ort. Faktenblätter. Die Firma bietet Carpooling an.

Wie es weitergeht?

Wir sind in einer heißen Phase, viele Facetten der Zukunftsbilder sind schon geschrieben, werden lektoriert, die Webseite entsteht. Wir haben aber noch viel Arbeit vor uns und freuen uns riesig über Unterstützung. Wir werden die Leute anschreiben, die sich in die Liste eingetragen haben und sie über Möglichkeiten informieren, mitzumachen und sich einzubringen.


(Für mehr Informationen zu den Zukunftsbildern siehe https://de.scientists4future.org/zukunftsbilder/)