Biogas und Wasserstoff: keine Lösung für die klimaneutrale Wärmeversorgung der Kommunen

Biogas und Wasserstoff sind keine Lösung für die klimaneutrale Wärmeversorgung der Kommunen. Das hat eine kürzlich erschienene Fallstudie festgestellt, die von einer Arbeitsgruppe um Jens Clausen vom Borderstep Institut Hannover in Zusammenarbeit mit der S4F-Fachgruppe Kommunaler Klimaschutz veröffentlicht wurde.

In mehreren Policy Papers hatte die Arbeitsgruppe bereits auf die Risiken und Kosten hingewiesen, die im Zuge der Energie- und Wärmewende auf die Kommunen zukommen können, wenn sie für die Zukunft der kommunalen Energieversorgung weiterhin auf die überkommenen Verbrennungstechnologien setzen. Wer auf Gasnetze setzt, nimmt für die Zukunft hohen Flächenverbrauch und hohe Kosten in Kauf, ist das zentrale Ergebnis der Studie.

Anlass der Fallstudie: Ist kommunale Energieversorgung mit Biogas und grünem Wasserstoff wirtschaftlich und möglich?

Hintergrund der Fallstudie ist, dass die Geschäftsführung einer schleswig-holsteinischen Kommune in einem Interview äußerte, ihre kommunale Wärmeversorgung priorisiere Bio-Gas und grünen Wasserstoff als zukünftige und nachhaltige energetische Basis. S4F-Mitglied Jens Clausen: „Die von uns untersuchte Kommune geht die Wärmewende durchaus proaktiv an und hat insofern bundesweit Vorbildcharakter. Nur ist der eingeschlagene Weg mit der Priorisierung von Biogas und Wasserstoff sehr kritisch zu sehen.“ Das war für Clausens Team der Anlass, in einer eigenfinanzierten Fallstudie zu untersuchen, ob auf kommunaler Ebene diese auf den ersten Blick umweltfreundlichen Technologien sich rechnen oder überhaupt möglich sind.

Auf den ersten Blick erscheint der Ansatz für Kommunen so nachvollziehbar wie attraktiv, denn er suggeriert: die vorhandenen Erdgasleitungen können weiter genutzt werden, in vielen Häusern können die Brenner im Keller und die Thermen an den Wänden weiter betrieben werden. Jens Clausen erläutert die Fragestellung: „Wir haben untersucht: Was wäre, wenn alle oder auch nur viele Regionalversorger diesen Weg einschlagen wollen? Wie würde sich die Produktion des dafür nötigen Biogases auf die Landwirtschaft und die Flächennutzung auswirken? Wieviel Strom müsste produziert werden, um die notwendige Wärmemenge durch Wasserstoff bereitstellen zu können?“

Die Fallstudie zeigt am Beispiel einer Stadt die Konsequenzen dieser singulär gedachten kommunalen Energieversorgung auf. Mit einer Stadtfläche von ca. 10 km2, 14 Gemeinden und einer kommunalen Gesamtfläche von 99 km2 ist die Stadt typisch für ländlich geprägte Gemeinwesen. Mit der zukünftig bundesweit vorgeschriebenen kommunalen Wärmeplanung werden viele Kommunen vor ähnlichen Problemen stehen.

Im Ergebnis zeigt sich für das untersuchte Stadtgebiet:

Die Umstellung auf Biogas erfordert im vorgelegten Szenario, in Zukunft 48 % der Ackerfläche einer Kommune mit Silomais zu bebauen. Dadurch stände zukünftig kaum noch Fläche für den Futtermittelanbau zur Verfügung. Auch ist Biogas aufgrund der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft nicht klimaneutral, zudem ist die Maisernte abhängig von der Verfügbarkeit von Grundwasser für die Bewässerung.

Die Umstellung auf grünen Wasserstoff erfordert hohe Investitionen in zusätzliche Stromerzeugung mit Wind oder Solar, Elektrolyseanlagen, einen Wasserstoffspeicher und überall dort neue Heizthermen, wo diese nicht wasserstofftauglich sind. Aufgrund der geringen Energiedichte von Wasserstoff im Vergleich zu Erdgas kann es auch notwendig werden, das Gasnetz auszubauen.

„Unsere Ergebnisse können als repräsentativ für viele Kommunen und Städte in Deutschland angesehen werden,“ erklärt Jens Clausen, der auch Mitglied der Scientists for Future (S4F) ist. „Unsere Methode und ihre Ergebnisse sind gut auch auf andere Regionen Deutschlands übertragbar.“ Die kommunale Wärme- und Energiewende fordert eine grundlegende Abkehr vom Verbrennen. Auch für Kommunen ist die in der öffentlichen Debatte stehende Wärmepumpe eine Lösung. Sie erfordert eine im Vergleich zu Wasserstoff sehr geringe Stromproduktion und die Investitionskosten für die Ausstattung aller Gebäude der Stadt mit Wärmepumpen könnten u.U. sogar niedriger liegen als die für die Wasserstoffproduktion und -verteilung.

Die vollständige Studie findet sich hier: Clausen, J.; Huber M. und Ehrhardt H. (2023): „Bordesholm und das grüne Gas „, Borderstep Institut. Berlin.

Weitere Studien der Arbeitsgruppe: