Wohin mit den überflüssigen Gasleitungen?

Kostenfalle für Verbrauch und Kommunen

Berlin, 24.4.2023 | In Deutschland liegen 600.000 Kilometer an Erdgasleitungsrohren. Was passiert mit diesen Rohren, wenn kein Erdgas mehr verwendet wird? Sowohl für die Gasnutzer als auch für die Gasnetzbetreiber stellt sich ein großes ökonomisches und technisches Problem. In einer neuen Studie stellen Fachleute aus den Scientists for Future (S4F) das Problem in Zahlen und Fakten vor.

Erdgas als fossile Energie hat keine Zukunft: Seine Verwendung muss bis zur angestrebten Klimaneutralität 2045 eingestellt werden. Für die Netzbetreiber heißt das: ihre Investitionen in das Erdgasnetz rechnen sich nur noch für diese Zeit. Für die Erdgasindustrie bedeutet das darüber hinaus, dass der Erdgasverbrauch bis 2045 bis zum Nullverbrauch sinken wird: Wärme und Elektrizität kommen aus Wärmepumpen, Solarenergie und grünem Strom. S4F-Mitglied Peter Klafka, Erstautor der Studie, hält fest: „Durch Sanierung von Gebäuden und die Elektrifizierung industrieller Prozesse wird der Gasabsatz kontinuierlich sinken. Hinzu kommt die beginnende Umrüstung vieler Gebäude auf das Heizen mit Wärmepumpen, nicht zuletzt durch das abzusehende gesetzliche Verbot des Neueinbaus von Gasheizungen.“

Gasleitungen für Grünes Gas?

Es stellt sich die Frage, ob anstelle von Erdgas dieses Gasleitungsnetz nicht für Bio-Gas oder grünen Wasserstoff verwendet werden kann. Die Zahlen zeigen aber: Beides ist in zu geringen Mengen verfügbar, um als Erdgasersatz ein solch großes Netz ökonomisch betreiben zu können. Während 2020 fast 600 TWh Erdgas für die Wärmeerzeugung eingesetzt und über die Netze verteilt wurden, lag die deutsche Biogasproduktion in der Größenordnung von 70 bis 80 TWh, also gerade einmal bei 12 % des Erdgasverbrauchs. Die in Zukunft sinkende Ertragskraft der Gasnetze führt zu Unsicherheiten bei den Einnahmen aus Konzessionsabgaben. Coautor Jens Clausen erwartet: „Es könnte sogar dazu kommen, dass sich für einzelne Gasnetz-Teile kein Konzessionär mehr findet.“

Kostenfalle für die Kommunen

Die Kommunen werden in naher Zukunft verpflichtet sein, Konzepte für eine kommunale Wärmeplanung zu entwickeln. Sie müssen sich früh genug darauf einstellen, dass das bisher als selbstverständlich vorausgesetzte Erdgasnetz darin keine Rolle mehr spielt und dass der Ertrag der kommunalen Stadtwerke durch Gasverkauf die Gemeindekassen nicht mehr füllt.

Die Studie findet sich hier: P. Klafka et al. (2022): Haben Gasnetze eine Zukunft? Kommunale Wärmeversorger stehen vor großen Umstellungen, Policy Paper der Scientist for Future,
https://info-de.scientists4future.org/haben-gasnetze-eine-zukunft/

Ansprechpartner:

Dr. Peter Klafka, Scientists for Future, Regionalgruppe Aachen
email: , Tel.: +49 0177 605 25 12

Dr. Jens Clausen, borderstep Institut,
email: , Tel.: +49 511 300 59 245