Warum Klimaschutz keine grüne Ideologie ist

Gastbeitrag von Thomas Seifert und Niklas Götz in der Frankfurter Rundschau vom 30.08.2024

Klimaschutz-Politik wird oft als grüne Ideologie bezeichnet von Akteuren und Gruppen aus dem konservativen und rechtspopulistischen Spektrum. Auch der Fraktionsvorsitzende der FDP im Römer meinte kürzlich, in Übereinstimmung mit dem neuen Strategiepapier der Bundes-FDP „Fahrplan Zukunft – Eine Politik für das Auto“, die Mobilität müsse ideologiefrei gestaltet werden.

Aber ist Klimaschutz wirklich eine Frage von Ideologie? Zunächst ist wichtig zu verstehen, dass der Zusammenhang zwischen der steigenden Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre und der zunehmenden globalen Erwärmung wissenschaftlich bewiesen ist. Das ist keine Idee oder Meinung, sondern basiert auf den Grundlagen der Physik. Ebenso ist der Zusammenhang zwischen der Erwärmung und der Häufung von Naturkatastrophen gut erforscht. Diese Forschung nennt man Attributionsforschung. Sie zeigt, dass extreme Wetterereignisse, die bereits jetzt verheerende Auswirkungen auf Menschen und Natur haben, keine Zufälle sind. Das führt zu massiven und unumkehrbaren Schäden in den Ökosystemen – eine traurige Tatsache, keine Theorie. Alle Trends gehen zudem in Richtung weiterer Verschlechterung mit katastrophalen Folgen.

Aus wissenschaftlicher Perspektive sind die Ursachen für die Erderwärmung ebenfalls klar: Die Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl und Gas setzt große Mengen an Treibhausgasen frei, die die Atmosphäre aufheizen. Die Lösung ist bekannt und umsetzbar: Erneuerbare Energien wie Wind- und Sonnenenergie müssen fossile Energien ersetzen. Es ist dringend notwendig, den Einsatz von Kohle, Öl und Gas schnellstmöglich zu beenden, um weitere Schäden an unserer Natur zu verhindern.

Die Priorisierung einzelner Technologien (z. B. E-Auto und Wärmepumpe) richtet sich dabei nach rationalen Kriterien wie technischer Effizienz, Wirtschaftlichkeit und rascher Verfügbarkeit. Klimaschutz ist nicht nur eine wissenschaftlich fundierte Notwendigkeit, sondern auch eine ethische Verpflichtung. Es geht um den Schutz unserer Lebensgrundlagen, für uns und zukünftige Generationen.

Die Frage ist nicht, ob Klimaschutz eine „gute Idee“ ist, sondern ob wir verantwortungsvoll handeln wollen. Eine häufig gestellte Frage ist dann: Was können wir schon gegen die Erderwärmung ausrichten? Nichts tun ist auf jeden Fall keine gute Idee. Jeder und alle sollten dazu beitragen, entsprechend dem kategorischen Imperativ von Immanuel Kant: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“. Dies gilt auch und besonders für den Klimaschutz und taugt als Maxime für Individuen, Städte und Länder. Das ist ethisches Handeln statt kurzsichtige Bedürfnisbefriedigung. Die gegenwärtige bedrohliche Situation ist das Ergebnis von sehr freien Marktmechanismen und nur eine Regulierung des Marktes kann offensichtlich zu einer Veränderung führen. Durch Regulierung wird die Freiheit des Marktes eingeschränkt.

Klimaschutz passt durchaus zu konservativen und liberalen Werten

Freiheit ist eine Idee. Prinzipiell eine gute. Die Freiheit hat aber verschiedene Grenzen. Zum Beispiel das Gemeinwohl. Die Zukunftssicherung. Die Freiheit des Anderen. Liberalismus, die Freiheit der Märkte, ist eine Ideologie. Beanspruchen Gruppen bestimmte Freiheiten zulasten des Gemeinwohls, der Zukunftssicherung oder der Freiheit anderer, dann sind schädliche Ideologen im Namen der Freiheit am Werk.

Klimaschutz als „grüne Ideologie“ zu bezeichnen, legt nahe, er würde nicht zu den Werten des konservativen und liberalen Spektrums passen. Doch das tut er durchaus. Werte wie Verantwortung, Sicherheit und Erhalt einer lebenswerten Umwelt stehen im Einklang mit Klimaschutz. Es geht darum, die Grundlagen unserer Gesellschaft – stabile Umweltbedingungen, sichere Lebensräume und gesunde Wirtschaftssysteme – zu bewahren. Wenn wir die Erde weiter überhitzen, gefährden wir genau diese Grundlagen.

Letztlich basiert Klimaschutz auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und hat ein klares Ziel: die Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Dies sichert langfristig unsere Lebensgrundlagen und fördert die Stabilität unserer Gesellschaft. Die Forderung nach persönlicher Entscheidungsfreiheit darf nicht das Allgemeinwohl der Zukunft gefährden. Klimaschutz als Ideologie abzustempeln, ist nicht nur wissenschaftlich falsch, sondern auch kurzsichtig. Es ignoriert die Tatsache, dass wir alle – unabhängig von unserer politischen Ausrichtung – auf eine stabile, lebenswerte Zukunft angewiesen sind.

Gastbeitrag von Thomas Seifert und Niklas Götz RG Frankfurt in der Frankfurter Rundschau vom 30.08.2024

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