Lieferkettengesetz mit brüchigen Kettengliedern

22.06.2021, Berlin| In einem Brief an die relevanten Bundesministerien benennen die Scientists for Future einige zentrale Schwachstellen des Lieferkettengesetzes und zeigen Lösungsmöglichkeiten zu deren Beseitigung auf.

Generell begrüßen die Scientists for Future (S4F) das Lieferkettengesetz als ein Mittel zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt. Ein grundsätzliche Kritik formuliert die Fachgruppe Rohstoffe der Scientists for Future jedoch am inkoheränten Ansatz, der dem Gesetz innewohnt.  Das Gesetz zielt zwar direkt auf den Schutz der Menschenrechte. Diese können aber auch indirekt durch Umweltbeeinträchtigungen verletzt werden.Der Schutz der Menschenrechte, der Umwelt, der Natur und des Klimas sollte einen gleichwertigen Status im Gesetz erhalten,“ äußert sich Chris Masurenko, Lead-Autor des Texts und Scientists for Future-Mitglied. „Die im Gesetz genannten Umweltbeeinträchtigungen werden ausschließlich wegen ihrer direkten Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen genannt. Lieferketten können jedoch auch indirekt Schäden an Umwelt, Natur und Klima nach sich ziehen, welche die Gesundheit und das Wohlergehen von Menschen gleichermaßen gefährden.“ Der § 5, Abs. 8 und 9 wäre an dieser Stelle nachzubessern.

Außerdem müssen Verantwortung und Dokumentationspflicht der Lieferkette vollständig für die gesamte Lieferkette gelten. Von der Gewinnungsstätte eines Primärrohstoffs bis zum angebotenen Endprodukt und dem Recycling müssten alle beteiligten Prozesse im Gesetz abgebildet werden. „Da das Gefährdungspotenzial im Sinne dieses Gesetzes in hohem Maße von der Art des Rohstoffes abhängt, sollte die Risikobewertung sektorspezifisch erfolgen,“ ergänzt Co-Autorin Judith Krauß: „Sich daraus ergebende Präventionsmaßnahmen müssten auf einer integralen Bewertung aller Einzelsektoren basieren. Die Kontrolle müsste durch qualifizierte und zertifizierte Gutachter:innen erfolgen, die regelmäßige, unangekündigte Begutachtung der Bedingungen vor Ort vornehmen. Das ist im Gesetz bisher nicht vorgesehen.

Zudem berücksichtigt die Lieferkette zwar auch die mittelbaren Zulieferer (§ 2, Abs. 5, Ziffer 3), hält dies aber bei den Präventionsmaßnahmen nicht konsequent durch (z. B. § 7, Abs. 4, Ziffer 4). Risikoanalyse, Meldepflichten, Präventionsmaßnahmen und Dokumentation sollten durchgehend nicht nur die unmittelbaren Zulieferer, sondern die gesamte Lieferkette umfassen.

Im Fazit der S4F-Fachgruppe Rohstoffe verbessert das Gesetz auch aus wissenschaftlicher Sicht die Menschenrechtslage. Um jedoch sicherzustellen, dass das Ziel des Gesetzes ­– ein wirkungsvoller Schutz von Menschenrechten und Umwelt – erreicht werden kann, sind im Gesetz oder seinen Ausführungsverordnungen noch Nachbesserungen notwendig.

Der vollständige Text des Kommentars findet sich hier:
https://info-de.scientists4future.org/bewertung-gesetzentwurf-unternehmerische-sorgfaltspflicht-in-lieferketten/

Fachgruppe Rohstoffe der Scientists for Future. „Bewertung des Gesetzentwurfs über die unternehmerische Sorgfaltspflicht in Lieferketten“, https://info-de.scientists4future.org/bewertung-gesetzentwurf-unternehmerische-sorgfaltspflicht-in-lieferketten/

Kontakt:

EurGeol Christian Masurenko, Koordinator der FG Rohstoffe, Scientists for Future

E-Mail:

Dr. Judith Krauß Dr. Hans-Jürgen Weyer