Kommunen stehen im Zentrum der Klimakrise

Stellungnahme zur „Erfurter Erklärung“ der 41. Hauptversammlung des Deutschen Städtetages

13.12.2021 | Es sind besonders die Kommunen, welche die Last der Klimakrise zu bewältigen haben. Die unausweichlich erforderliche Umgestaltung der Energieversorgung, der Mobilität, des Wohnens findet vor Ort, in den Städten und Gemeinden statt. Die dazu erforderlichen Milliardenbeträge können die Kommunen nicht allein aufbringen. In einer Stellungnahme hält die Fachgruppe „Kommunaler Klimaschutz“ der Scientists for Future (S4F) fest, dass neben der Sicherstellung der finanziellen Mittel auch ein erheblicher Personalbedarf auf die Kommunen zukommt.

In Zahlen ausgedrückt bedeutet das für das Handlungsfeld Wohnen und Wärmeversorgung von Gebäuden: Allein die städtischen Wohnungsbaugesellschaften der 10 größten Städte Deutschlands unterhalten Gebäude mit ca. 690.000 Wohnungen. Bundesweit werden noch 70 % der Wohngebäude mit Erdöl- oder Erdgas-Zentralheizungen beheizt, die ersetzt werden müssen. Die nachhaltige Umstellung bedeutet auf kommunaler Ebene, zunächst die Gebäude städtischer Wohnungsbaugesellschaften oder Gebäude im städtischen Besitz zu sanieren und mit erneuerbaren Energien zu versorgen, und dabei nachhaltig den Verbrauch an Erdgas zu senken. Aber auch die Privathaushalte müssen sich umstellen – ein Beispiel für das erforderliche Zusammenwirken von Kommune, Land und Bund bei der Entwicklung notwendiger Vorgaben.

Denn es ist entscheidend, die formalen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu entschlacken und zu harmonisieren. „Kommunales Handeln ist eingebunden in ein komplexes Regelwerk, vom übergreifenden Handeln auf der Bundesebene über die gesamte Hierarchie der föderalen Struktur bis zum Handeln auf der Ebene der kommunalen Selbstverwaltung“, sagt S4F-Mitglied Thomas Seifert, einer der Autor:innen der Stellungnahme. „Hier können Optimierungseffekte und verbesserte Verfahrensabläufe zu einer Effizienzsteigerung bei den Bemühungen zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen beitragen.

Die unumgängliche Umgestaltung der Städte ist mehr als nur ein Wechsel von fossiler auf erneuerbare Energie. Der bereits stattfindende Klimawandel wird zu veränderten Umwelt- und Lebensbedingungen in den Städten führen. „Ein wichtiges Mittel ist auch die Bindung der Vergabe städtischer Entwicklungsflächen an klimapolitische, ökologische und soziale, generationengerechte Kriterien“, meint dazu Co-Autorin und S4F-Mitglied Christina West  „Starkregen- und Hitzewellen-Ereignisse werden nach Erkenntnissen der Welt-Meteorologieorganisation zunehmen. Städte nicht weiter zu versiegeln und gleichzeitig zu Schwammstädten umzubauen, die Regenwasser sammeln, kontrolliert speichern und bei Hitzewellen zur Verfügung stellen, ist eine kommunale Aufgabe.“ Gebäude, öffentliche Plätze, Flachdächer können multifunktional genutzt werden: Im Halbschatten von erhöht aufgeständerten Solar-Modulen gedeiht Dachbegrünung, die bei Starkregen wiederum effektiv als Rückhaltespeicher funktioniert. Fassadenbegrünungen unterschiedlichster Modi und Funktionen ergänzen solche Maßnahmen.

Die notwendigen Maßnahmen gegen die Klimakrise erfordern immense Investitionen, schaffen aber gleichzeitig enorme Chancen für die kommunale Wirtschaft.

Die Kommunen sind zugleich Betroffene wie auch wichtige Akteurinnen der Transformation und haben eine maßgebliche Rolle in der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele. Sie brauchen angemessene personelle und finanziellen Ausstattung, eine Qualifizierungsoffensive und einen klaren gesetzlichen Rahmen .

Die Frage, ob die Ziele der Agenda 21, des Klimaabkommens von Paris 2015 – das heißt Klimaneutralität bis 2035 – oder der UN-Klimakonferenz COP 26 in Glasgow 2021 umgesetzt werden, entscheidet sich letztlich in den Kommunen. Kurzfristigere Etappenziele können die notwendige Dynamik fördern.

Die vollständige S4F-StellungnahmeWas das Leben ausmachen wird: Perspektiven Paris-kompatibler kommunaler Zukunftsplanung“ findet sich hier: https://info-de.scientists4future.org/perspektiven-paris-kompatibler-kommunaler-zukunftsplanung

Die „Erfurter Erklärung“ der 41. Hauptversammlung des Deutschen Städtetages ist hier: https://www.staedtetag.de/files/dst/docs/Veranstaltungen/2021/41_Erfurter_Erklaerung.pdf

S4F-Ansprechpartner*innen:

Dr. Thomas Seifert, email:

Dr. phil. Christina West, Hochschule Darmstadt, Mobil: +49 175 5661035, email:

Prof. Mario Tvrtković, Hochschule Coburg, email:

Scientists For Future (S4F) ist ein überparteilicher und überinstitutioneller Zusammenschluss von Wissenschaftler:innen, die sich für eine nachhaltige Zukunft engagieren. Scientists for Future bringen als Graswurzelbewegung den aktuellen Stand der Wissenschaft in wissenschaftlich fundierter und verständlicher Form aktiv in die gesellschaftliche Debatte um Nachhaltigkeit und Zukunftssicherung ein.