Kein grünes und kein ökologisches Uran

Fehlkalkulation in der EU-Taxonomie

Berlin, 20.03.2023 | Die umweltschädlichen Auswirkungen des Uranbergbaus waren kein Kriterium bei der Einordnung der Kernkraft als grüne Energie in der EU-Taxonomie. Der politische Streit um die Kernkraft befasste sich im Wesentlichen nur mit der Emission von Treibhausgasen. Auf die schwerwiegenden und langfristigen Beeinträchtigungen von Mensch und Umwelt durch die Urangewinnung weist jetzt ein Beitrag von WissenschaftlerInnen der Scientists for Future (S4F) hin.

In seiner herkömmlichen Form ist Bergbau seit jeher eine Belastung für Umwelt und Gesellschaft. Beim Uranbergbau kommt jedoch hinzu, dass radioaktive Gefahrstoffe gefördert werden. Zu den üblichen Folgeschäden durch Bergbau addieren sich die von diesen Gefahrstoffen ausgehenden spezifischen Risiken und zukünftige Lasten. Auch die Aufbereitung und Weiterverarbeitung ist risikoreich und belastet Umwelt und Mensch. Zudem blieben in der EU-Taxonomie die ökonomischen Langzeitfolgen unberücksichtigt, die sich aus den Ewigkeitsaufgaben der Nachsorge von Uranbergbaubetrieben ergeben.

Strom aus Kernkraft ist die teuerste Art der Elektrizitätsversorgung. Aber nicht nur die Stromerzeugung, auch die Gewinnung des Rohstoffs und Primärenergieträgers Uran selbst ist unwirtschaftlich und ohne staatliche Subvention nicht finanzierbar. Hinzu kommen die Kosten für Stilllegung und Sanierung der Uranbergbau-Altlasten in den 14 größten uranproduzierenden Ländern. 1993 schätzte man diese Kosten auf  3,7 Billionen US-Dollar. „Allein für die USA wurden 2007 die Schließungs- und Sanierungskosten für alle Uranminen auf 2,3 Billionen US-Dollar berechnet“, erklärt S4F-Wissenschaftler Hubert Engelbrecht, Leitautor der Studie. „Diese Kosten liegen eine Zehnerpotenz über dem hypothetischen Maximal-Erlös aus dem Verkauf allen Uran-Brennstoffs, der weltweit zwischen 1949 und 2019 hergestellt worden ist.“ Darin sind die so genannten Ewigkeitskosten, die bei der Endlagerung von Atommüll entstehen, noch gar nicht berücksichtigt.

Dass Staaten sich Kernenergie leisten, hat – so lässt sich begründet vermuten  – auch mit der militärischen Nutzung der Atomkraft zu tun; wirtschaftlich rechnet sich Uran nicht.

Neben der ökonomischen Betrachtung von Uranbergbau ist auch seine stoffliche Bilanz durchaus gefährlich: „Eine Abschätzung der seit Beginn des Atomzeitalters in den Uran-Bergbauarealen entstandenen Menge an Reststoffen ergibt: Zwischen 1942 und 2018 sind ca. 2,12 Mrd. m³ Abraum und Gesteinsschlamm entstanden“, so Hubert Engelbrecht. „Mit dieser Menge könnte man eine Fläche von 310 km² ‑ entsprechend der Stadt Berlin ‑ mit einer 2,4 m dicken Schlammschicht bedecken.“ Und: diese Schicht ist über Jahrmillionen radioaktiv und enthält zudem giftige Schwermetalle.

Es ist also zu befürchten, dass sich die Aufnahme von Atomkraft in die EU-Taxonomie wegen der enormen Nachhaltigkeitsrisiken bei der Urangewinnung aus umwelt-, energie- und entwicklungspolitischer Sicht als Fehlentscheidung herausstellen wird.

Die vollständige Studie findet sich hier: https://info-de.scientists4future.org/nachhaltigkeitsaspekte-der-urangewinnung

The English version of the study „Sustainability of uranium extraction a discussion“ is available as follows: https://info-de.scientists4future.org/sustainability-of-uranium-extraction-a-discussion/

Engelbrecht, Hubert; Priester, Michael; Rechlin, Aissa (2023): „Nachhaltigkeitsaspekte der Urangewinnung“,
Key Point-Paper der „Scientists for Future“, Berlin,
DOI: 10.5281/zenodo.7741375 und in unserem Wissenszentrum mit weiteren Beiträgen:
https://info-de.scientists4future.org/nachhaltigkeitsaspekte-der-urangewinnung

Kontakt:
Dr. Hubert Engelbrecht, DGGV, Tel.: 089 – 1234343 e-Mail: